Unser Entschluss war gefasst. Wir wollten dem Regen Portugals entkommen. Eigentlich verfolgte uns das nasse Wetter seit Sardinien. Nur war die Frage, wo regnete es derzeit nicht? Als hätten sich alle Vorzeichen gedreht, war es der meteorologisch nasseste und windigste Fleck Spaniens, der derzeit mit schönen Wetter aufwarten ließ.
Galicien mit ‚c‘ – den nordwestlichsten Zipfel Spaniens steuerten wir an. Für mich eine Reise in meine Vergangenheit. Hier strandete ich erstmals vor fast genau 20 Jahren im September 2003 auf einem Surftrip entlang der spanischen Küste. Ab Gijon mussten wir uns über 300 km Landstraße mit einer Durchschnittgeschwindigkeit von 50 km/h durchkämpfen. Die immer noch unter Bikern und Surfern bekannte Küstenstraße Nordspaniens N-634 führte durch jedes Städtchen und man klebte permanent hinter spanischen LKWs.
Nach dieser Tortour erwarteten uns traumhafte Surfstrände in fast unberührter Natur. Außer ein paar Hippies und Surfdudes war niemand auf die Idee gekommen, an das infrastrukturell vergessene Ende Europas zu reisen. Lediglich war der Umgang mit den Surflocals nicht einfach, die gegenüber angereisten Surfern eine gesunde Grundagressivität an den Tag legten.
Damals steuerte ich mit Björn, einem Surfkumpel, Pantin an. Eine Bucht, die zwischen Ferrol und Cedeira liegt, in der Surfbibel ‚Stormrider Guide‘ als eine der besten Surfspots Galiciens beschrieben. Wir standen mit meiner antiken „Transe“ einen alten Ford-Transit-Ausbau mehrere Tage mit vielleicht zwei, drei anderen Surfern auf dem Parkplatz und hatten einige wirklich gute Sessions.
Auch suchten wir an der Küste nach weiteren Stränden und Surfspots was sich aber ausschließlich mit Kartenmaterial extrem schwierig gestaltete. Wir fanden einfach die Zufahrtswege nicht oder riskierten einen Achsbruch beim Befahren der Trampelpfade. Da es außerhalb von Ferrol keine Supermärkte gab, holten wir Brot, Gemüse, Milch und Käse von den Bauern.
Genau in diese Ecke des damals vergessenen Spaniens waren wir aufgebrochen. Keine drei Stunden benötigten wir, um aus Porto an diesen einst verlassenen Ort zu kommen. Perfekt ausgebaute Straßen und eine breite Autobahn haben den Zugang in diese Ecke Spaniens komfortabel gemacht. Ich hatte einen Campingplatz in der Bucht neben Pantin in Valdovino angepeilt. Und erstmals auf unserer Reise wurden wir an einem Campingplatz abgewiesen, da dieser komplett belegt war. Ich fasste es nicht. Was war denn in Galicien passiert? Wir fassten den Entschluss, frei zu stehen und genau dort zu übernachten, wo ich bereits 20 Jahre zuvor gestanden war. Nur waren dort nicht mehr zwei bis drei Camper sondern 20 bis 30! Es stand auf dem Parkplatz über der Bucht eine bunte Mischung aus deutschen Möchtegern Surferfreaks, Ducatowohlfühlausbaucampern und einigen digital Nomads, die aus ihrem Camper arbeiten.
Zwar hatte ich mir bereits gedacht, dass Galicien immer stärker auf die Agenda der alternativ Reisenden steht, doch dass dies in diesem Maße geschehen ist, rückte mit erst jetzt ins Bewusstsein. Am nächsten Tag hatten wir dann auf dem avisierten Campingplatz auch mehr Glück und quartierten uns dort bei Sonnenschein gleich für fünf Tage ein. So hatte ich die Möglichkeit mehrere Strände von damals wiederzusehen und dort nochmals mit einem Brett ins Wasser zu springen und die ein oder andere Welle zu surfen. Auch wenn die letzte Ecke inzwischen stark in den touristischen Fokus gerückt ist, sie hat wenig von ihrem Charme verloren, zumal die Sonnenuntergänge immer noch bombastisch sind.