Am Morgen sieht der Himmel noch etwas bewölkt aus und so brechen wir relativ spät auf, um unser Auto am Endpunkt des berühmten Keplertracks, bei Te Anau, abzustellen. Wir versuchen uns das erste Mal im in Neuseeland viel praktizierten Trampen, um zum Startpunkt des Wanderwegs zu gelangen. Schon das zweite Auto hält an und eine nette Britin, die auch zum Wandern in dieser Ecke ist, nimmt uns mit zur nächsten Straße, wo wir noch einmal den Daumen ausstecken. Auch hier hält nach kurzer Zeit die erhoffte Mitfahrgelegenheit und ein Kiwi bringt uns, vorbei an seinem Golfplatz, zu unserem Ziel.
Der Keplertrack beginnt am Lake Te Anau und schlängelt sich durch einen Buchenwald am Ufer entlang, bis man nach ca einer Stunde den Aufstieg zur Mount Luxmore Hut beginnt. Von 200m steigt man auf 1085 m durch einen Regenwald immer hinauf. Im durchscheinenden Sonnenlicht leuchten die Farne, Moose und Flechten in den verschiedensten Tönen und das grüne Spektakel lenkt mich zumindest ein bisschen vom anstrengenden Anstieg ab. Über der Baumgrenze werden wir mit einem spektakulären Ausblick über das zurückliegende und ein weiteres Tal belohnt. Durch eine Gras- und Moorlandschaft geht es weiter bis zur Hütte, von der aus wir den restlichen Tag den tollen Blick genießen.
Mount Luxmore und Berge so weit die Augen reichen
Am nächsten Tag geht es weiter zum Mount Luxmore (1472m), auf dem es recht kühl und windig ist, auf der windabgewandten Seite können wir uns aber kaum von dem Blick trennen, der uns auf verschneite Berge und Seen blicken lässt.
Irgendwann müssen wir weiter über den Höhenweg, auf dem uns immer wieder Wanderer von unserer Hütte begegnen. Vom 19jährigen Backpacker bis zur 78jährigen Neuseeländerin ist alles dabei.
An einer Schutzhütte begegnet uns zum zweiten Mal auf unserer Reise durch Neuseeland der Kea, ein Papagei, der auf ca 1000m lebt und vom Aussterben bedroht ist. Dieser Clown der Berge, wie die Neuseeländer ihn auch nennen, ist sehr neugierig und frech. Um an das Proviant der Wanderer zu gelangen knabbert er in einem unbeobachteten Moment auch schon mal die rumstehenden Rucksäcke an. Da manch ein uninformierter Touri die Vögel füttert, folgt er den Menschen auch schonmal ins Tal. Dann sind auch die Zelte vor nächtlichen Attacken nicht sicher.
Nacht im Kiwital
Der Weg führt uns nun wieder ins Tal, wo sich auch schon die ersten Sandflys sehnsüchtig auf uns stürzen. Vorbei an kleinen Wasserfällen, geht es über Brücken, begleitet von Lautem Gezwitscher. Bei einer Lichtung bei der Iris Burn Hut schlagen wir unser Zelt auf und legen uns gut mit Insektenspray eingesprüht in die Sonne. Ein erfrischender Fluss fließt eiskalt vorbei, Jochen schafft es komplett rein, ich plantsche kurz, bis die Füße schmerzen und muss dann schnell wieder ans Ufer.
Am Abend kommt der Ranger vorbei. Seit einer Woche hat er im Tal keine Keas gesehen. Er führt uns aber eindringlich vor wie der weibliche und der männliche Kiwi sich nachts anhören. Nachdem die Sonne das Tal verlassen hat, gibt es – diesmal warmes – Abendessen. Es wird schnell kalt, so dass wir uns recht schnell ins Zelt verkriechen. In der Nacht werde ich wach, höre etwas und denke an die Keas, bis ich mich an die Kiwiimmitation des Rangers erinnere: eindeutig ein Kiwi, ich drehe mich um und schlafe weiter.
Weit entferntes Ziel
Wir beginnen den nächsten Tag früh, weil wir noch 22km vor uns haben, zunächst durch den dichten Wald, bis dieser sich zu einem breiten Feuchtgebiet öffnet. Dort wärmt uns die Sonne nach der kalten Nacht auf. Über einige Bäche geht es weiter durch dichte Farne, bis irgendwann der Lake Manapouri vor uns auftaucht. Bis zur Moturauhütte machen wir nur eine kurze Pause. Doch nach der Pause bei der Hütte ist das Laufen eher schwerer und das letzte Stück kämpfe ich – mit meinen Kräften und meinen Schuhen. Als wir die Hängebrücke überqueren, die über den reißenden Waiau River führt bin ich glücklich – nach sieben Jahren war ich noch einmal auf dem Mount Luxmore und konnte den kompletten Weg wandern, ohne einen einzigen Regentropfen, bei strahlendem Sonnenschein.
Lieber Jochen ,
mit besonderem Interesse lese ich Eure Berichte. Das Bild von der Gratwanderung auf dem Keplertrack erinnert mich an den Hoehenweg vom Fellhorn zum Soellereck. das selbe Profil. Wahrscheinlich ist de Vegetation etwas anders.
Hoffentlich habt Ihr keine Beeinträchtigung wegen des Erdbebens.
Weiterhin viel Glueck bei all Euren Vorhaben.
Edmund
Lieber Edmund, es freut mich besonders, dass auch Du unseren Blog verfolgst. Uns geht es gut. Wir haben nichts von dem Erdbeben mitbekommen, da wir zu diesem Zeitpunkt am Lake Tekapo in den Bergen waren. Ganz liebe Grüße nach Oberstdorf. Jochen und Lena.
Wow das sind ja atemberaubende Bilder! Habt ihr was von dem Erdbeben mitbekommen? Wir hoffen, dass es euch gut geht!! Ganz liebe grüße von Charlie und Ralf
Wie schön, dass es euch beiden gut geht! Ich drücke euch die Daumen, daß das auch weiterhin so bleibt.
Eure Bilder sind wieder beeindruckend und machen ein bisschen neidisch auf die Weite. Da kann die Gratwanderung am Fellhorn nicht mithalten. (Allerdings ist es da ja spannend, quasi als Grenzgänger unterwegs zu sein. Und die alpine Blumenpracht ist auch wunderschön – wenn es denn bei uns Frühjahr oder Sommer ist.)
Ich bin schon gespannt auf eure nächsten Impressionen in Bild und Wort ; ); mein Mitleid angesichts der lästigen Stechviecher habt ihr auf jeden Fall.
LG Julia
Kea, Kiwi und Robin – schon wieder Vögel: HURRA.
Das Erdbeben ging hier über Deutschlandfunk bis in die Tagesschau. Ihr erlebt wirklich was – ich beneide Euch um dieses Erlebnis. Hat´s gewackelt?
Wie sieht Euer Alltag aus? Essen, planen, Gesundheit?
Lieber Jochen,
wir sitzen bei Regenwetter bei Barbara in Augsburg und wären auch gerne am anderen Ende der Welt. 🙂
Wo werdet Ihr denn die Weihnachtstage verbringen?
Wir freuen uns auf den nächsten Bericht.
Alles Gute weiterhin wünschen Euch
die Oberstdorfer