An der Dordogne, mitten im Nirgendwo liegt der wunderschöne Naturcampingplatz La Champange. Geführt von einem Holländer und einer Italienerin, die sich jeweils 1000km zwischen ihren Heimatorten hier niedergelassen haben.
Direkt an der wilden Dordogne kann man hier campen, die Füße ins Wasser halten und die Seele baumeln lassen. Wer es mag aufs Wasser zu schauen und die Natur zu beobachten, ist hier genau richtig.
Den Weg zum Toilettenhäuschen legen wir, auf Grund der Entfernung, meist mit dem Fahrrad zurück, sehr zu Freude von Jano. Dafür hat hier jeder viel Platz, denn Naturcampingplatz bedeutet, dass nur eine bestimmte Anzahl Campern auf dem weiträumigen Gelände Platz finden. Ein naturnaheres und entspannteres Campen haben wir selten erlebt.
Das einzig „Aufregende“ was man hier hin und wieder sieht, sind die Kanufahrer, die über die Stromschnellen der Dordogne fahren und je nach Können, dabei manchmal sehr nass werden.
Von dem Örtchen Autoire aus machen wir eine kleine Wandertour zunächst entlang an einem Flüsschen zu einem Wasserfall, dann immer weiter die Schlucht hoch, bis wir später mit wunderschöner Aussicht auf dem Felsplateau ein Picknick machen. Gestärkt geht es weiter zu einer Burgruine, die sich platt unter den Fels schmiegt und nicht vermuten lässt, dass hier einst bis zu 10 Soldaten gleichzeitig schliefen, um das Städchen zu bewachten.
Das kleine, mittelalterliche Örtchen Autoire sieht von hier oben, wie auch aus der Nähe aus wie aus dem Bilderbuch. Später lesen wir, dass es zu einem der schönsten Dörfern Frankreichs gekürt wurde.
Nach einigen entspannten Tagen sagen wir der Dordogne „au revoire“ und steuern die Berge der Auvergne an.
Die Dordogne hinter uns lassend sind wir weiter Richtung Westen gezogen. Nimmt man sich die Karte Frankreichs einmal topografisch vor, sticht einem ziemlich in der Mitte ein weitflächig zerklüfteter grüner Kegel ins Auge, mit dem ich mich bei der Routenfindung etwas näher beschäftigte. Schnell fand ich heraus, dass es sich um eine Kraterlandschaft besonderen Ausmaßes, mit bis zu 1800 Meter hohen Bergen handelte, die Auvergne hieß.
Bisher kannte ich eigentlich die Auvergne nur aus den Asterix-Comics, wo es hauptsächlich neben der Suche nach dem Avernerschild ums deftige Essen geht. Die Kombi erschien vielversprechend – gutes Essen, tolle Berge. Also suchten wir einen Campingplatz inmitten des grünen Kegels. Die Entscheidung viel auf den Campingplatz der Gemeinde Le Claux, ein Bergbauerndörfchen in der Nähe des Puy de Mary, der höchsten Erhebung der Auvergne.
Inmitten von Kühen, grünen Weiden und geernteten Getreidefeldern landeten wir in einer fast vergessenen Welt, wo es schien, die Zeit sei stehengeblieben. Nur die ortsansässige Paraglide-Schule mit einer Bar brachte etwas frische Luft in das verschlafene Örtchen Le Claux. Ebenso aus einer anderen Zeit waren die Preise des Campingplatzes. Wir zahlten für drei Nächte bei der Gemeinde unfassbare 22,30 Euro! Und alles war tippi-toppi.
Natürlich nahmen wir uns zwei schöne Wanderungen vor. Jano war bestens motiviert und stiefelte gleich am ersten Tag trotz recht warmer Temperaturen mit Traumwetter auf den 1783 Meter hohen Puy Mary unter Anfeuerung anderer Wanderer hinauf. Tolle Ausblicke vom ehemaligen Vulkan in alle Richtungen warteten auf uns. Geschafft aber glücklich kehrten wir am Ende auf einer schönen Bergalm ein. Auch die zweite Wanderung führte uns in die Höhen der Auvergne. Von der Passhöhe Col de Serre wanderten wir einen Rundweg über ausgedehnte Kuhweiden und genossen ein schönes Picknick in der satten Blumenpracht der Bergwiesen.
Die Ursprünglichkeit und die Unbekanntheit macht den Reiz dieser Region Frankreichs aus. Es ist tatsächlich ‚Le coeur vert‘ – das grüne Herz Frankreichs, das wir doch als einen speziellen Ort unserer Reise in Erinnerung behalten werden.
Unsere letzte Station in Spanien ist das Baskenland. Dort ist unsere erstes Ziel Ixaspe ein winziges Dorf an der Küste, dessen Namen wir erst einmal aussprechen lernen müssen. Auf Empfehlung von Jochens Kolleginnen Sina steuern wir dieses Fleckchen an und treffen sie und ihren Mann dort.
Der wunderschöne Campingplatz liegt an teilweise sehr steilen Küste, die gerade an dieser Stelle sehr besonders ist. Dazu später mehr.
In der Blase des Campingplatzes spricht man das Spanisch, das wir kennen und inzwischen größtenteils verstehen können. Beim ersten Barbesuch kommen wir jedoch schnell an unsere Grenze. Auf einmal können wir die Karte nicht mehr lesen, auf der das „x“ ein bemerkenswert häufiger Buchstabe ist. Wenn man Sommerweinen nicht abgeneigt ist, sollte man einen Taxcoli probieren, der in der Region typische Weißwein – sofern man es schafft halbwegs die richtige Aussprache zu treffen.
Die Küste in der unmittelbaren Nähe unseres Campingplatzes zeichnet sich durch spektakuläre Felsformationen aus. Das Meer hat hier Felsen zurückgelassen, die an aneinander gereihte Streben erinnern. Bei Ebbe werden diese Plattformen sichtbar und können sowohl von einem Küstenwanderweg bestaunt werden oder man klettert hinunter und kann über dieses Phänomen laufen und nach Meeresbewohnern Ausschau halten.
Uns hat diese Fleckchen sehr gut gefallen und einen Campingplatz mit einer spektakuläreren Aussicht haben wir selten gesehen.
Einen kleinen Besuch statten wir einige Tage später San Sebastian ab. Wer diese Küstenstadt besucht, muss Pintxos probieren – die baskische Antwort auf Tapas.
Von einem ehemaligen Studenten der Stadt lassen wir uns später erklären, dass jede Bar in der Regel für einen besonderen Pintxos bekannt ist. Ein typischer Abend in San Sebastian sieht daher so aus, dass man von Bar zu Bar zieht, den leckersten Pintxos isst und dazu natürlich ein Getränk trinkt.
Die Dichte an Bars und die Anzahl der unterschiedlichsten kleinen Häppchen in San Sebastian ist bemerkenswert.
Aufgrund eines kleinen Mannes, dessen Ausdauer bei Essenstops nicht besonders ausgeprägt ist, beschränken wir uns auf die Auswahl in einer Bar.
Ein Blick auf die Karte lässt uns zunächst ratlos aus der Wäsche schauen. Baskisch erinnert auf den ersten Blick an Spanisch und dann wird einem klar, dass man nichts versteht. Wir entscheiden uns für eine gemischt Auswahl und sind beeindruckt von den kleinen Kunstwerken.
San Sebastian mit seinen vielen kleinen Gassen in der Altstadt lädt mit seiner entspannten Atmosphäre zum Bummeln ein. Doch die Überzahl der Mannschaft zieht es zurück ans Meer, wo wir mit Eis und Blick auf den Hafen unseren Besuch von San Sebastian beenden.
Für kurze Zeit haben wir dem Atlantik ‚hasta luego‘ gesagt und ein dreitägiges Schönwetterfenster genutzt, um in die ‚Picos de Europa‘ zu fahren. Das Gebirge, das bis 2.700 Meter hohe Berge hat, liegt zwischen Asturien und Kantabrien nur 40 km von der Küste entfernt. Ebenso spektakulär wie die Anfahrt über kurvenreiche Pässe sind die Eindrücke, die die Picos zu bieten haben.
Wir hatten uns für das abgeschiedene Valdeon-Tal entschieden, um in den nächsten Tagen zwei Wanderungen mit Jano zu unternehmen. Zunächst wollten wir in eine der faszinierendsten Bergschluchten, die erschlossen sind, in die Cares-Schlucht hinein- und wieder hinauswandern. Am zweiten Tag hatten wir einen eher unbekannten Berggipfel im Visier. Auf dem Peña Gabanceda sollte Jano seinen ersten 2.000er stehen.
Bei der Planung war klar, dass beide Touren schon respektable Umfänge haben. Zwar war der Weg in die Cares-Schlucht eher eine Wanderautobahn, doch die Strecke, die wir veranschlagt hatten bis zur Mitte des Canyon und wieder zurück zum Ausgangspunkt nach Cain, belief sich auf über 12 km. Zwar hatte ich als ‚Notnagel‘ immer die Kraxe dabei, aber mit alles in allem 22 kg auf dem Rücken wandert es sich auch nur eine begrenzte Strecke. Glücklicherweise möchte unser ‚kleiner Mann‘ immer „selbst laufen“, so wie Jano es immer ausdrückt. Nur in Situationen, in den er wirklich müde ist, lässt er sich auch tragen. So kam es, dass er die Cares-Schlucht bis auf schlappe zwei Kilometer selbst erwanderte. Wir waren absolut baff, welche Energie in unserem Kind steckt.
Wer aber gedacht hatte, dass Jano am nächsten Tag müde und jammernd keinen Bock auf wandern hatte, der täuschte sich gewaltig. Für ihn war klar, er wollte ein Picknick auf dem Gipfel des Peña Gabanceda machen. Und so ging es los. Vor uns lag eine mit 6 km vergleichsweise kurze Wanderung, jedoch mussten wir knackige 450 Höhenmeter zurücklegen. Eine ganz schöne Herausforderung für unseren dreijährigen Gipfelstürmer
Wir waren keinen Kilometer unterwegs, schon begegneten wir der ersten Überraschung. Eine aufgeschreckte nicht gerade kleine grüne Schlange machte sich auf und davon. Eine knapp ein Meter lange, später gegooglte ‚Europäische Eidechsennatter‘ hatte unseren Weg gekreuzt. Fraglich ist, wer sich mehr erschreckt hatte.
Nachdem wir die letzten ursprünglichen knorrigen und kleinblättrigen Buchenwälder hinter uns gelassen hatten, öffneten sich unbewirtschaftete Bergwiesen mit einer selten so schön erlebten Blumenpracht. Wir ließen diese hinter uns und auf den letzten 100 Höhenmetern vor dem Gipfel wartete noch ein steiler Anstieg über Schotter und Schutt. Hier nahm ich, auch etwas unter Protest, Jano in die Kraxe, weil mir das Terrain zu gefährlich erschien. Zwar musste ich ordentlich schwitzen, aber am Gipfel angekommen, die letzten Meter durfte Jano natürlich selbst laufen, entschädigte die Aussicht und dass leckere Picknick uns für alle Mühen. Jano war auf dem Peña Gabanceda der allerstolzeste Gipfelstürmer.
Hatten wir über ein zu trockenes Spanien berichtet? Seit wir hier sind, muss man sich über Regen keine Sorgen mehr machen, den nehmen wir mit wohin wir fahren.
In den Regenpausen erleben wir dafür ein unglaublich grünes Spanien. Bei Wanderungen hat man teilweise das Gefühl in einem Urwald zu sein und auf in der Höhe blühen die Bergwiesen.
Wir tauschen trotzdem gerne ein paar Regewolken gegen ein bisschen Sonnenschein;)
Unser Entschluss war gefasst. Wir wollten dem Regen Portugals entkommen. Eigentlich verfolgte uns das nasse Wetter seit Sardinien. Nur war die Frage, wo regnete es derzeit nicht? Als hätten sich alle Vorzeichen gedreht, war es der meteorologisch nasseste und windigste Fleck Spaniens, der derzeit mit schönen Wetter aufwarten ließ.
Galicien mit ‚c‘ – den nordwestlichsten Zipfel Spaniens steuerten wir an. Für mich eine Reise in meine Vergangenheit. Hier strandete ich erstmals vor fast genau 20 Jahren im September 2003 auf einem Surftrip entlang der spanischen Küste. Ab Gijon mussten wir uns über 300 km Landstraße mit einer Durchschnittgeschwindigkeit von 50 km/h durchkämpfen. Die immer noch unter Bikern und Surfern bekannte Küstenstraße Nordspaniens N-634 führte durch jedes Städtchen und man klebte permanent hinter spanischen LKWs.
Nach dieser Tortour erwarteten uns traumhafte Surfstrände in fast unberührter Natur. Außer ein paar Hippies und Surfdudes war niemand auf die Idee gekommen, an das infrastrukturell vergessene Ende Europas zu reisen. Lediglich war der Umgang mit den Surflocals nicht einfach, die gegenüber angereisten Surfern eine gesunde Grundagressivität an den Tag legten.
Damals steuerte ich mit Björn, einem Surfkumpel, Pantin an. Eine Bucht, die zwischen Ferrol und Cedeira liegt, in der Surfbibel ‚Stormrider Guide‘ als eine der besten Surfspots Galiciens beschrieben. Wir standen mit meiner antiken „Transe“ einen alten Ford-Transit-Ausbau mehrere Tage mit vielleicht zwei, drei anderen Surfern auf dem Parkplatz und hatten einige wirklich gute Sessions.
Auch suchten wir an der Küste nach weiteren Stränden und Surfspots was sich aber ausschließlich mit Kartenmaterial extrem schwierig gestaltete. Wir fanden einfach die Zufahrtswege nicht oder riskierten einen Achsbruch beim Befahren der Trampelpfade. Da es außerhalb von Ferrol keine Supermärkte gab, holten wir Brot, Gemüse, Milch und Käse von den Bauern.
Genau in diese Ecke des damals vergessenen Spaniens waren wir aufgebrochen. Keine drei Stunden benötigten wir, um aus Porto an diesen einst verlassenen Ort zu kommen. Perfekt ausgebaute Straßen und eine breite Autobahn haben den Zugang in diese Ecke Spaniens komfortabel gemacht. Ich hatte einen Campingplatz in der Bucht neben Pantin in Valdovino angepeilt. Und erstmals auf unserer Reise wurden wir an einem Campingplatz abgewiesen, da dieser komplett belegt war. Ich fasste es nicht. Was war denn in Galicien passiert? Wir fassten den Entschluss, frei zu stehen und genau dort zu übernachten, wo ich bereits 20 Jahre zuvor gestanden war. Nur waren dort nicht mehr zwei bis drei Camper sondern 20 bis 30! Es stand auf dem Parkplatz über der Bucht eine bunte Mischung aus deutschen Möchtegern Surferfreaks, Ducatowohlfühlausbaucampern und einigen digital Nomads, die aus ihrem Camper arbeiten.
Zwar hatte ich mir bereits gedacht, dass Galicien immer stärker auf die Agenda der alternativ Reisenden steht, doch dass dies in diesem Maße geschehen ist, rückte mit erst jetzt ins Bewusstsein. Am nächsten Tag hatten wir dann auf dem avisierten Campingplatz auch mehr Glück und quartierten uns dort bei Sonnenschein gleich für fünf Tage ein. So hatte ich die Möglichkeit mehrere Strände von damals wiederzusehen und dort nochmals mit einem Brett ins Wasser zu springen und die ein oder andere Welle zu surfen. Auch wenn die letzte Ecke inzwischen stark in den touristischen Fokus gerückt ist, sie hat wenig von ihrem Charme verloren, zumal die Sonnenuntergänge immer noch bombastisch sind.
Sie ist einfach von nah und fern einen Blick wert. Am Uferhhang des Douro, liegt der alte Teil der Stadt,viele kleine Fischerhäuser, die aussehen wie an den Hang gebastelt. Erst langsam wird das große Potential dieser schönen Ecke Portos entdeckt. Noch bis vor einigen Jahren für die Touristen nicht interessant, haben wir an keinem anderen Ort bisher solche Massen an Reisenden angetroffen wie in Porto.
Entfernt man sich von den großen Sehenswürdigkeiten, wie dem Bahnhofsgebäude oder den beiden Kirchen, die durch ein sehr schmales, verstecktes Häuschen voneinander getrennt sind, da Kirchen nicht Wand an Wand gebaut werden durften, begegnen einem immer noch viele Besucher dieser faszinierenden Stadt.
Streift man durch die vielen kleinen Sträßchen und nimmt sich Zeit zu schauen, entdeckt man an vielen Häusern wunderschöne Fliesen und Straßenkunst. Und lässt man sich treiben, hat man schnell einige Höhenmeter zusammen, denn es geht immer wieder hoch und runter. Am Abend hatte ich das Gefühl neben den vielen tollen Eindrücken, auch ein ordentliches Bewegungsprogramm abgespult zu habe.
Fragt man Jano, was ihm am besten in Porto gefallen hat, war es der Rasenmäher,der vor der Kathedrale für einen gestutzten Rasen sorgte und ein Cellospieler, der für meinen Geschmak ein sehr kitschigen Repertoire hatte. Weiter hätten wir uns in Porto nach seinem Gefühl nicht bewegen müssen. Ihn konnte auch kein Pastais de Nata (eine sehr leckes, süßes portugisisches Gebäck) begeistern. So verschieden sind die Geschmäcker.
Nach unserer 14-stündigen Überfahrt von Sardinen nach Barcelona haben wir uns noch am selben Tag aufgemacht, Spanien von Osten nach Westen zu durchqueren. Etwas gezeichnet von unserer doch recht unruhigen Nacht auf der Fähre der Grimaldi-Lines legten wir zunächst ca. 400 km zurück und steuerten einen Campingplatz mitten im Nirgendwo Spaniens an. Ein Ort westlich von Zaragossa namens Moncayo sollte uns für eine Nacht beherbergen.
Für uns absolutes Neuland, auch was die Eindrücke anbetraf. Das gesamte Land war unfassbar trocken. Grün waren eigentlich nur die bewässerten Gemüse- und Getreidefelder. Sonst konnte von Vegetation eigentlich keine Rede mehr sein. Wir hatten zwar bereits einiges aus Artikeln über die Regenarmut in Südeuropa gelesen, doch nun sahen wir die Probleme mit eigenen Augen. Viel geht einem hier durch den Kopf. Angefangen vom Klimawechsel bis hin zu seinem eigenen Konsumverhalten und dessen Auswirkungen.
Vielleicht lässt man solche Orte auch schnell hinter sich, um sich erst gar nicht intensiver mit allen daraus resultierenden Fragen an sich selbst auseinandersetzen zu müssen und sucht nach den schönen Ecken auf unserem Kontinent. Und so brachen wir schnell am nächsten Tag mit dem Ziel Salamanca auf, einer prosperierenden historischen Studentenstadt 100 km von der Grenze Portugals entfernt. Die Route führte uns entlang des Flusses Duero, der sich durch den mittleren Westen Spaniens und Portugals bis zur Mündung in den Atlantik regelrecht schneidet.
Im Ribeira del Duero mit seinen bekannten Weinen hatten wir dann auch die Trockenheit Kataloniens zurück gelassen. Alles wirkte grüner auch wenn hier ohne Bewässerung der intensiv genutzten Felder ebenfalls kaum Ackerbau möglich wäre. Weiter ging es am Flusslauf, der die Lebensader das mittleren Westen Spaniens schon seit jeher gewesen ist, nach Valladolid, wo wir dann den Duero in Richtung Süden nach Salamanca verließen.
Mit zwei Nächten Aufenthalt nutzen wir den Stopp für die Besichtigung der historischen Stadt mit ihrer zum UNESCO-Kulturerbe gehörenden Kathedrale. Zudem drehte ich mit dem Mountainbike eine größere Runde um die Stadt mit tollen Eindrücken und Ausblicken. Trotz des hohen Nutzungsgrades des Umlandes hatten wir erstmals wieder den Eindruck, dass etwas Platz für die Natur geblieben ist. Diese zeigte hier von einer bewundernswerten Seite mit vielen verschiedenen Vögeln und einer abwechslungsreichen Vegetation. Vor allem Störche mit Nachwuchs in Nestern auf Kirchtürmen, Hochstannungsleitungsmasten oder abgestorbenen Bäumen beeindruckten uns immer wieder.
Dies sollte sich nach unserer Abreise aus Salamanca in die Region Arribes del Duero potenzieren. Unser nächstes Ziel Richtung Atlantik war ein kleiner Nationalpark an der spanisch-portugiesischen Grenze, die der Duero zeichnet. Sie ist geprägt durch eine vom Flusslauf 300 Meter eingeschnittene Schlucht. Zur Elektrizitätsgewinnung ist der Duero dort auf mehreren Stufen angestaut. Trotz des nicht unbeträchtlichen Eingriffs in die Natur hat sich in dieser Region eine bemerkenswerte Flora und Fauna bewahrt.
Auf den vielzähligen Blüten der Trockenwiesen finden sich sich zum Teil bizarre Insekten ein. In den mit Bartflechten überzogenen Steineichen brüten unzählige Vögel, von denen wir einige noch nie gesehen haben. Vögel, die wir bislang nur aus Bestimmungsbüchern kennen, wie beispielsweise den Wiedehopf, sagen uns jeden morgen ‚hallo‘.
Am eindrücklichsten sind jedoch eine unglaubliche Anzahl an Gänsegeiern, die über den tief abstürzenden Felsabhängen kreisen und auf kleinen Felsvorsprüngen ihre Brut aufziehen. So nutzen mehr als 30 dieser Aasfresser mit einer Spannweite über 2,50 Meter bei unserem Ausblick in die Schlucht die Thermik, um Nahrung für ihren Nachwuchs zu sichten.
Wir sind begeistert und beeindruckt von dieser Ecke Spaniens, die uns ein weiteres Mal in Europa so viel faszinierende Natur bietet und sind gespannt wie es in Richtung Atlantik weiter geht.
Die auch bei Zweiradfahrern sehr beliebte Straße SS125 in den Bergen der Ostküste Sardiniens bietet irgendwann die Möglichkeit in einen Tunnel abzubiegen. Wenn man dies tut, landet man am Meer in dem kleinen Hafenörtchen Cala Ganone. Da der Ort recht touristisch ist, zog es uns zu einer höher gelegenen Campingmöglichkeit in den Bergen.
Von unserem AgriTurismo ( eine an eine Landwirtschaft angegliederte Campingmöglichkeit), wanderten wir los in Richtung Cala Luna, eine der Attraktionen von Cala Ganone. Zunächst ca. 200 Höhenmeter tief Richtung Meer. Die Aussicht auf Cala Luna, einer Bucht, versprach aus der Entfernung farbtechnisch eine Postkartenidylle.
Auf dem ausgetrampelten Wanderweg war recht wenig los, da das Zurückfahren mit dem Boot an diesem Tag wegen dem zu unruhigen Meer nicht möglich war. Wir wussten also, dass wir mit Jano dir Stecke zurück laufen mussten. Der Wille alleine zu laufen ist bei Jano nach wie vor sehr ausgeprägt, so dass unser Tempo dementsprechend stockend war, da jede Eidechse oder Ameise begutachtet werden musste. Wir beschlossen, dass Cala Luna nicht realistisch war und dass wir unser Mittagspicknik in einer kleinen Bucht neben dem Wanderweg einnehmen wollten.
Ein Schild versprach eine 60 Höhenmeter unter uns liegenden Bucht. Nach wenigen Metern wurde die Unternehmung zu einer Kletterpartie, die uns das Gefühl gab einen ausgetrockneten Wasserfall hinunter zu klettern. Mit Jano nicht machbar. Wir picknickten an einer geeigneten, nicht zu steilen Stelle und erhaschten einen kurzen Blick auf das Meer. Auf dem Rückweg überraschte uns noch ein Schauer. Jano war stolz fast alles alleine gewandert zu sein und wir ein wenig enttäuscht so wenig gesehen zu haben.
Am nächsten Morgen hatte Jochen in seiner Wege-App eine andere Möglichkeit entdeckt Cala Luna zu erwandern. Von einer über der Bucht liegenden kleinen Straße ging ein Weg ab, der irgendwann auf den ausgeschilderten Wanderweg zu Cala Luna und den darauf folgenden Buchten stieß.
Wir fuhren los, vorbei an Ziegen und Schweinen, die auch auf Sardinen frei herumlaufen, und bogen auf eine Straße -wenn man dies so nennen mag – ab, die alle unsere bisherigen Straßenerfahrungen mit unserem Nugget in den Schatten stellte. Über eine einspurige, gerillte Betonpiste ging es immer höher in die Berge, links felsiger Abhang, rechts schroffer Macchia und große Felsbrocken. Wir hofften im Stillen, dass uns niemand entgegen kam.
Nachdem Jochen den Nugget zwischen die Bäume des „Parkplatzes“ gebastelt hatten, ging es los. Auf dem Parkplatz parkten einige Autos, denn die Gegend um Cala Gonone ist bei Kletterern sehr beliebt. Bis auf ihre Rufe sahen wir aber keine Menschenseele.
Jano stiefelte mit Begeisterung los und fragte recht schnell, wann es denn endlich „kletterig“ werden würde. Zunächst schlängelte sich unser Wanderweg über eine 4-W-Drive geeignete Piste durch ein Wäldchen mit uralten, riesigen Steineichen.
Der von Jano ersehnte Weg ließ nicht lange auf sich warten. Es ging über Fels, vorbei an alten Eichen, Rosmarin, der sich mit Mühe in der Felswand festhielt und über Geröll immer tiefer Richtung ehemaligem Flussbett. Die Felswände kamen immer näher und schon bald waren wir mitten drin in der Schlucht. Umgeben von hohen orange-grauen Wänden, einfach wunderschön. Und außer uns kein Mensch.
Auch auf dem offiziellen Wanderweg angekommen begegnete uns bis 100Meter vor dem bekannten Strand von Cala Luna keine Menschenseele. Dabei ging es vorbei an Höhlen über rundgeschliffene Kiesel, durch riesige Oleandersträucher.
Am Strand angekommen machten wir unser Picknick uns besuchten noch die vom Strand abgehenden Grotte. Wir überlegten kurz,ob ich mit Jano mit dem Boot zurück fahren sollten, verwarfen die Idee aber wieder. Jano meisterte auch den Rückweg, mit kleinen Kletterpartien, wie ein großer Wanderer und konnte sich dann im Eichenwäldchen in der Kraxe erholen.
Jochen musste noch einmal schwitzen, sowohl beim Tragen des müden Wandermannes, als auch bei der Rückfahrt über die abenteuerliche „Straße“.
Wir sind uns einig, es war eine unserer schönsten Wanderungen. Manchmal lohnt sich ein zweiter Versuch.
Sardinien – eine spezielle Insel von der wir sehr viel Positives gehört haben, aber noch nie da gewesen sind. Mit einem gewissen Maß an Spannung vor neuen Eindrücken und der Hoffnung auf den großen Ausbruch sommerlicher Temperaturen begannen wir unser sardisches Abendteuer im Norden der Insel. Weiter sollte es Richtung Osten in den Nationalpark des ‚Golfos di Orosei‘ gehen, um am Ende unserer zweiwöchigen Erkundungstour noch den Westen mit den beiden Städten Bosa und Alghero kennen zu lernen.
Die Reiseroute war gut ausgearbeitet, also was konnte schon dazwischen kommen? So dachten wir. Die Insel empfing uns im Nordwesten mit sonnigen 22 Grad an einem Traumstrand mit dem Namen ‚Spiaggia la Licca‘ und ordentlichen Wellen von einem Meter Höhe. Bereits in diesem Moment war ich etwas baff, dass es im Mai eine solch surfbare Brandung im Mittelmeer geben kann. Eigentlich hatte ich eher mit babypopohafter Glattwasserkräuselung gerechnet.
Das sardische Wetter hatte aber nur kurz Servus gesagt und drehte am nächsten Tag so richtig auf. Schon in der Nacht rüttelte es ordentlich an unserem ausgeklappten Hochdach. Hektisch war ich um drei Uhr rausgesprungen, um unsere Stühle und den Tisch vor den Windböen in Sicherheit zu bringen. Am nächsten Morgen hatte sich das sardische Gebläse eingepegelt. Durchgängige sechs Windstärken ballerten uns aus Westen ins Gesicht. Aus reiner Neugierde schauten wir nochmals am ‚Spiaggia la Licca‘ vorbei. Die Gischt schäumte, Wellen von fast drei Metern begannen bereits etwa 100 Meter vor dem Strand zu brechen. Die tosende Dünung faszinierte, hinterließ bei uns aber auch ein Kopfschütteln. Mit so etwas hatten wir nicht gerechnet. Also ab an die Ostküste, zumal der Wetterbericht die nächsten zwei Tage keine Windbesserung versprach.
Aber auch an der Costa Smeralda war dem Wind kaum zu entkommen. Alles festgetackert und -gezurrt versuchten wir aus den gegebenen Umständen noch das beste zu machen. Nach zwei Tagen Dauergebläse schienen bei allen die Nerven blank zu liegen. Gelinde gesagt, wir hatten vom sardischen Wind die Schautze gestrichen voll.
Meltdown am Traumspiaggia
Auch Jano hat auf unserer Reise, die inzwischen fünf Wochen andauert, gewisse Eigenheiten für sich entdeckt. Ob, ich will bei jedem Essen die ersten fünf Minuten einen leeren Teller behalten und wehe wenn jemand einen Krümel auf den Teller fallen lässt, bis hin zu ich will nach 20 Minuten baden noch nicht aus dem 19 Grad kalten Meer trotz blauer Lippen und Zitterattacken Heulbojen-Meltdown am sardischen Traumspiaggia. Nebenbei gesagt, verzweifelt mediumentspannte Elternzeiteltern gibt es auf Sardinien zuhauf.
So nahmen wir auch nahe Cala Galone den knöcheltiefen Schlamm auf unserem Ecoturismo-Campingplatz nach 24 Stunden Dauerregen, kurz nachdem die Windhölle abgeklungen war, äußerst halbentspannt hin. Und was ein Wunder, die nächsten drei Tage präsentierte sich der Nationalpark von seiner schönsten Seite. Obwohl, einmal wurden wir auf einer traumhaften Wanderung beim Schlussaufstieg nochmals mit einem ordentlichen Schauer belohnt. Ach ja, die Wettervorhersage für unsere letzten vier Tage auf Sardinien ist eher durchwachsen.
Dennoch ist Sardinen ein Traum. Wir kommen wieder, versprochen!